Bauten: Stalzerhaus

Das Stalzerhaus (Stadtplatz 34 - Maria Stalzer, Emma Lang, Helene Staudacher)

Steyr, den 13, Juli 1819

Lieber Bruder!

Das Stalzerhaus (Stadtplatz 34)Ich glaube wohl, dass dich dieser Brief in Wien treffen wird, und du dich gesund befindest. Ich schreibe dir eigentlich, mir das Stabat mater, welches wir hier aufführen wollen, so bald als möglich, zu schicken. Ich befinde mich bis jetzt recht wohl, nur will das Wetter nicht günstig sein. Es war hier gestern den 12. ein sehr starkes Gewitter, welches in Steyr einschlug, ein Mädchen tödtete und zwei Männer am Arme lähmte. In dem Hause, wo ich wohne, befinden sich 8 Mädchen, beynahe alle hübsch. Du siebst, dass man zu thun hat. Die Tochter des Herrn v. K(oller), bei dem ich und Vogel täglich speisen, ist sehr hübsch, spielt brav Klavier, und wird verschiedene meiner Lieder singen.

Ich bitte dich, beiliegenden Brief weiter zu fördern. Du siehst, dass ich nicht gar so treulos bin, als du vielleicht glaubst. Grüße mir Eitern und Geschwister, deine Frau und alle Bekannten. Vergesse ja nicht auf das Stabat mater.

Dein ewig treuer Bruder Franz

Die Gegend um Steyr ist über allen Begriff schön."

Diesen Brief schrieb Schubert jedenfalls im Hause Stadtplatz Nr. 34, das in der Biedermeierzeit Albert Schellmann gehörte. Dass der Liederfürst, der mit dem Hofopernsänger Johann Michael erstmals nach Steyr gekommen war, 1819 in diesem Hause wohnte, bezeugte der mit dem Komponisten befreundete Albert Stadler: "Es ist nun ganz gewiss, dass Schubert im Jahre 1819 im Hause meines Onkels, des Berggerichts- und Landes-Advokaten zu Steyr, Albert Schellmann (gestorben am 14. März 1844) gewohnt hat, jedoch nicht im ersten, sondern im zweiten Stock. Meine Frau erinnert sich dessen ebenso bestimmt als ich, weil sie als Mädchen damals nebst meiner seligen Mutter und mir in dem nämlichen Hause und Stocke wohnte. Den ersten Stock bewohnte mein Onkel mit seiner Frau (gestorben am 27. Jänner 1845, Schwester meiner Mutter) mit seiner zahlreichen Familie. Für Schubert wäre im ersten Stock gar kein Platz gewesen".

Auch im Sommer 1823 dürfte Franz Schubert wieder bei dem Berggerichtsadvokaten zu Gast gewesen sein, widmete er doch Schellmanas Tochter Seraphine eine Ekossaise (schott. Tanz) mit den Worten: "Hüpfen Sie mit diesem Eccossaise Froh durch jedes Ach und Weh!"

Bei seinem letzten Besuch in Steyr (1825) wohnte Schubert im Hause des Vizefaktors der Hauptgewerkschaft Sylvester Paumgartner, Stadtplatz Nr.16 (Treber).

Das mächtige aus dem Mittelalter stammende Bauwerk zeigt eine im 19.Jahrhundert gestaltete, in letzter Zeit vorzüglich renovierte Fassade, die ein Erker in ungleiche Hälften gliedert. In der Zeit der Renaissance, vermutlich um 1600, wurden im Hof die zweigeschossigen Arkaden aufgeführt. Besonders reizvoll sind die mit Diamantquaderung ausgestatteten Brüstungen.

Eigentümer des Hauses, das auch noch gotische Merkmale aufweist, waren nach 1550 die Händel von Ramingdorf. Im 17. und 18. Jahrhundert gehörte es den Geschlechtern Sprinzenstein und Salburg.1799 erwarb das Gebäude die Familie Schellmann.Es folgten als Besitzer: 1851 Johann und Kaboline Straßer, 1883 Johann Straßer, 1884 Josef und Josefa Stalzer, 1900 Johann und Theresia Stalzer, 1936 Maria Stalzer, Emma Lang und Helene Staudacher.

Dr. Josef Ofner

(O.E.Deutsch, Schubert, Die Dokumente seines Lebens, 1964. - Ders. Schubert, Die Erinnerungen seiner Freunde, 1957. - Dehio, Oberösterreich, 1958. - I.Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr, Diss. 1950. - Bezirksgericht Steyr/Grundbuch)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 10/1971