Werndl-Gruft mustergültig restauriert

19.11.2020

Die Generalsanierung der Arkadengruft der Familie Ludwig Werndl im zweiten Abschnitt des Taborfriedhofs konnte vor kurzem abgeschlossen werden. Diese Familiengruft ist eine der künstlerisch wertvollsten Grabstätten im Steyrer Friedhof – seit 1953 liegt die Erhaltung bei der Stadt Steyr. Insgesamt ist die Stadt für 21 Ehrengräber verantwortlich.

Bei der Erweiterung des Taborfriedhofs sind in den Jahren 1891 und 1892 die restlichen Teile des zweiten Abschnittes fertiggestellt und 18 Arkadengrüfte errichtet worden. Ziemlich in der Mitte der Arkaden befindet sich die herausragende Ruhestätte der Familie Ludwig Werndl. In die Marmorrückwand gemeißelt sind die Namen Ludwig Werndl (Messerfabrikant, Bruder von Josef Werndl), Caroline Werndl (Gattin von Ludwig Werndl), Marie Werndl (Tochter von Ludwig Werndl). Die Gedenktafel am Steinsockel erinnert an Leopold Werndl (Sohn von Ludwig Werndl), der als Leutnant der k. u. k. Infanterie kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges an der Ostfront in Jaroslau am 20. Oktober 1914 gefallen ist. Leopold Werndl war ein großer Gönner der Stadt. Nach seinem Tod hinterließ er 100.000 Kronen dem Steyrer Spital, dem Armenhaus in Aichet und dem Waisenheim. Auch zahlreiche Vereine unterstützte er.

Schwere Schäden an der Kuppelkonstruktion

Die einzigartige Grabstätte wurde im Stile des Historismus errichtet. Besonders eindrucksvoll ist die Glaskuppel – eine Metallkonstruktion mit 157 ornamentreichen Ätzglasscheiben. Die Verzierungen der mundgeblasenen Gläser sind in jeder Reihe unterschiedlich und reichen von fein gestalteten floralen Ätzmustern bis zu Musselinglasdekor. Vor der Restaurierung waren die Gläser so stark verschmutzt, dass die Ornamente kaum mehr sichtbar waren. 

Werndlgruft Kuppel nachher

Werndlgruft Kuppel vorher

Ebenfalls beachtenswert ist die von Friedrich Turbain, einem Handwerker aus Wien gegossene Bronzeplastik – nach einem Entwurf von Otto König, ehem. Professor an der Kunstgewerbeschule Wien. Die beiden Wandausleger mit den Leuchten aus roten Pressgläsern stellen eine künstlerisch besonders aufwändige Handarbeit dar.  

Da die Drahtglaskonstruktion am Dach bauliche Mängel aufgewiesen hatte, kam es zu schweren Schäden an der Kuppelkonstruktion und am Putz. Auch an der Wandvertäfelung aus Untersberger Kalksteinmarmor, am Kreuz sowie an den seitlichen Wandpfeilern und am Rundbogen aus Rotmarmor befanden sich Rissspuren, Abplatzungen und starke Verunreinigungen. Die anderen Steinteile, wie die beiden Muschelkalksteinsäulen und der Figurensockel waren ebenfalls verschmutzt und voll Ruß- und Grünspanablagerungen.


Fingerspitzengefühl und höchste Handwerkskunst waren gefragt

Bei der sechsmonatigen Gesamtsanierung wurden all diese Schäden beseitigt und nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert. Besonders aufwändig waren die Arbeiten bei der Glaskuppel: Jedes der 157 hochwertigen Ätzgläser musste vorsichtig von der Metallunterkonstruktion herausgelöst werden. Das Ätzen auf Glas mit verschiedenen Chemikalien ist eine sehr alte Technik, die heutzutage kaum noch ausgeführt wird. Zwei beschädigte Gläser sind nach den alten Handwerkstechiken ergänzt und manche Sprünge bzw. Bruchstellen geklebt worden.

Baustelle Glaskuppel während Restaurierung

Bei einer Sanierung der Gruft in den 1980er-Jahren waren die beiden Wandlaternen fälschlicherweise verzinkt worden. Die jetzige Ausführung ist eine Annäherung an die originale Zinnoberfläche.

„Die Glas-, Metall- und Steinrestaurierungen stellen ausgesprochen hochwertige Arbeiten dar und erfordern ein wirkliches Fingerspitzengefühl, höchste Handwerkskunst und Fachwissen“, freut sich Dipl.-Ing. Gabriele Schnabl, die Leiterin der Abteilung für Altstadterhaltung und Denkmalpflege beim Steyrer Magistrat, über das wirklich gelungene Projekt. Die Kosten für die Gesamtrestaurierung betragen in etwa 90.000 Euro.


Die herausragende Ruhestätte der Familie Ludwig Werndl vor und nach der gelungenen Restaurierung.

Werndlgruft Gesamt vorher

Werndlgruft Gesamt nachher



Besonders aufwändig waren die Arbeiten bei der Glaskuppel: Jedes der 157 Ätzgläser hatte vorsichtig von der Metallkonstruktion herausgelöst, beschriftet und dokumentiert werden müssen, damit die einzelnen Scheiben wieder in der richtigen Position eingesetzt werden konnten.

Fotos: Magistrat Steyr