Gilgentor

Die Stadtbefestigung

Im 15. Jahrhundert wurde Steyr mit Gräben, Mauern und Toren befestigt. Zusätzlichen, natürlichen Schutz boten die beiden Flüsse Enns und Steyr. Gemeinsam mit der Burg bildete die Stadt eine große Verteidigungsanlage.

Plan Statbefestigung Tore StraßenAusschnitt einer Skizze der Stadtbefestigung von Oberbaurat Ing. Friedrich Berndt, 1933 (Stadtarchiv Steyr).

Die Befestigungsanlage der „inneren Stadt“ verlief entlang der heutigen Promenade bis zum Turm des Pfarrhofes sowie entlang des Ennskais bis zur Zwischenbrücke. Von den Toren der inneren Stadtbefestigung steht heute nur mehr das Neutor, während Gilgentor, das obere und untere Burgtor, das Steyrtor und das Ennstor nicht mehr erhalten sind.


Das Gilgentor – ein Doppeltor

Eines der bedeutendsten und größten Tore der inneren Stadt war die Doppeltoranlage Gilgentor, bestehend aus Pfarrtor und Garstnertor. Der Name des Gilgentores leitet sich vom heiligen Ägidius (auch Gilg genannt), einem der beiden Schutzpatrone der Stadtpfarrkirche, ab.

Zwischen den beiden Toren verlief die Straße eingezwängt zwischen zwei hohen Mauern. Diese Mauern waren mit Schießscharten versehen, die den an dieser Stelle vier Meter tiefen Stadtgraben bestreichen konnten:


Stadttor Türme MauerDas Pfarrtor auf einer Zeichnung nach Richard Klunzinger, 1924.


Das Pfarrtor

Das ältere Tor der beiden – das Pfarrtor – dürfte bereits im 11. oder 12. Jahrhundert den Zugang zur Stadt gesichert haben und wurde um 1480 „modernisiert“. Nachdem es 1522 dem Stadtbrand zum Opfer fiel, wurde es wieder instand gesetzt.

Es handelte sich um einen ursprünglich viergeschossigen schlanken Turm, dem später ein dreigeschossiger Anbau vorgesetzt wurde. Das Tor schloss unmittelbar an die Stadtmauer vor der Pfarrkirche an. Es war ein gotischer Bau, dessen Portale zusätzlich durch ein Fallgitter gesichert werden konnten.


Kirche Torbögen PferdegespanneDas Pfarrtor bei der Stadtpfarrkirche, gezeichnet von Franz Hölzlhuber, 1840 (Stadtarchiv Steyr).


Das Garstnertor

Das renaissancezeitliche Garstnertor ist viel jünger als das Pfarrtor und dürfte erst 1541 unmittelbar vor dem Pfarrtor zu dessen Schutz errichtet worden sein.

Der kreisförmig angelegte Bau hatte ein spitzbogiges Tor mit einer Fallbrücke und einem kleinen Schlupfpförtlein daneben. Die gesamte Fassade war mit Schießlucken versehen und im Stockwerk darüber waren paarweise angebrachte Schießscharten eingebaut.

Für Ende des 18. Jahrhunderts ist belegt, dass dem Torwächter darin eine kleine Wohnung, bestehend aus einem Zimmer und einem Kammerl, als Teil seiner Besoldung überlassen wurde.


Stadttor Zeichnung Schießscharten Toröffnung ZaunDas Garstnertor (in Petermandl / Ritzinger, siehe Literaturhinweise).


Das Ende des Gilgentores

Das Gilgentor wurde von 1844 (Abriss Pfarrtor) bis 1852 (Abtragung der Reste des Garstnertores) demoliert.  1848 wurde von Bürgermeister Kompaß das Holubhaus (heute Brucknerplatz Nr. 3) in den Graben des Tores gebaut.

Im Zuge von Pflasterungsarbeiten beim Anton-Bruckner-Denkmal konnten im Jahr 2020 Reste des Garstnertores archäologisch freigelegt werden. Der Standort des kreisförmigen Garstnertores wurde durch im Asphalt eingelassene Pflastersteine gekennzeichnet.


Literatur

Friedrich Berndt, Die Wehrbefestigungen der Stadt Steyr, in: Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr (1949), 26–32.

Ingeborg Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr, Dissertation, Innsbruck 1950.

Petermandl / Ritzinger, Notizen 40: Besprechung der Stadttore, in: Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale XV (1889), 56–58.

Susanne Claudine Pils, Steyr, in: Felix Czeike / Ferdinand Opll, Hg., Österreichischer Städteatlas. 7. Lfg. (2002), Wien 1982–2013.



Text: Abteilung "Altstadterhaltung, Denkmalpflege und Stadterneuerung" sowie Stadtarchiv Steyr (2021).