Bauten: Bürgerspital

Das Bürgerspital (Michaelerplatz 2 - Stadtgemeinde Steyr)

Das Bürgerspital (Michaelerplatz 2)Zu den ältesten Gebäuden unserer Stadt gehört das Bürgerspital, dessen reiche Geschichte im Rahmen dieses kurzen Aufsatzes nur angedeutet werden kann. Nach einer Notiz in einem Kodex des Klosters Garsten sollen schon um 1170 die Johanniter in Steyr ein Spital errichtet haben.

Obgleich wir über die Anwesenheit und Tätigkeit dieses Ritterordens in Steyr keine Nachricht besitzen. kann mit Sicherheit angenommen werden, dass schon im 13.Jahrhundert an der Stelle des heutigen Bürgerspitals ein Gebäude zur Unterbringung alter, verarmter und pflegebedürftiger Bürger vorhanden war.

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts begabte Königin Elisabeth, damals Inhaberin der Burgherrschaft Steyr, das 32 Personen fassende Hospital reichlich mit Gilten. In der Folgezeit stifteten dazu vermögende Bürger Dienste und Bauerngüter, aber auch Weinberge in Niederösterreich.

Wie V. Preuenhueber erzählt, wurde später in einem kellerartigen Raum unter der Spitalkirche der überschüssige "Spitalwein" ausgeschenkt: "Daher es für ein Wahrzeichen gehalten wird, dass einer sey zu Steyer gewest, wann er anzuzeigen weiß, dass er allda ein Kirchen über einen Wirths=Hauß gesehen".

Diese Fürsorgeanstalt unterstand dem Magistrat, der sie durch ein Mitglied des Rates verwalten ließ (Spitalverwalter).

Von den Räumlichkeiten des interessanten Bauwerkes ist vor allem die Eingangshalle sehenswert. Ein eindrucksvolles Kruzifix aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und drei prächtige, in der Zeit der Renaissance romanisch gestaltete Marmorsäulen schmücken den stimmungsvollen Raum. der wohl bis zum Ausgang des Mittelalters sakralen Zwecken gedient haben dürfte.

Die um 1500 erbaute zweischiffige Spitalkirche, in den Jahren 1632 bis 1647 auch von den Jesuiten für Gottesdienste benützt, wurde 1785/86 zum heutigen Vorstadtpfarrhof umgebaut. Strebepfeiler, Türgewände und das Gewölbe des Dachbodens erinnern an das spätgotische Gotteshaus, dessen Turm im 18. Jahrhundert einen barocken Abschluss erhielt.

Größere Bauarbeiten wurden im Bürgerspital im 16. Jahrhundert und 1761 durchgeführt. Die dem hl. Antonius geweihte Hauskapelle zeigt einen unregelmäßigen Grundriss, das Kreuzgewölbe ruht auf vier toskanischen Säulen. Bemerkenswert ist schließlich die mit einer Holzdecke und zwei Holzsäulen versehene "Gmoanstuba".

Wie vor sechshundert Jahren beherbergt noch heute diese Versorgungsanstalt alte, bedürftige Stadtbewohner.

Dr. Josef Ofner

(Friederike Bondingbauer, Das Bürgerspital in Steyr, 1966. - V.Preuenhueber, Annales Styrenses, 1740. - M.Brandl, Die gotische Bürgerspitalskirche in Steyr, 1964. - G.Goldbacher, Das alte Bürgerspital in Steyr, 1935. - Dehio, Oberösterreich, 1958)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 5/1971