Bauten: Innerberger Stadel

Der Innerbergerstadel (Grünmarkt 26) 

Der Innerbergerstadel (Grünmarkt 26)In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beabsichtigte die Stadtobrigkeit im unteren Teil des Pfarrhofgartens ein Gebäude zu errichten, das ebenerdig für Fleischbänke, in den oberen Stockwerken für Getreideschüttböden eingerichtet werden sollte. Nach längeren Verhandlungen kam es wegen Überlassung des dem Stift Garsten gehörigen Pfarrgrundes im Jahre 1590 zum Abschluss eines Vertrages zwischen der Stadt Steyr und der Benediktinerabtei. Allein Türkenkriege, Bauernaufstand und Gegenreformation verzögerten die Ausführung des Bauvorhabens. Im Sommer des Jahres 1611, der Garstner Abt Johann Wilhelm (1601 - 1613) war gerade verreist, ließ der Magistrat den Bau in Angriff nehmen. Als dies der Abt nach seiner Rückkehr erfuhr, richtete er, da er wahrscheinlich den vor zwanzig Jahren vereinbarten Vertrag nicht kannte, ein Protestschreiben an die Stadt Steyr und eine Beschwerdeschrift an den Landeshauptmann.

Am 26. Juli aber kam doch ein Vergleich zwischen Garsten und Steyr zustande. Die Stadt verpflichtete sich, statt der Fleischbänke eine Salzkammer einzurichten, die vom Abt gestellten Baubedingungen zu beachten und jedem Pfarrer zu Steyr jährlich zehn Gulden und drei Fuder (ungefähr 187 kg) Ischler Salz zu reichen.

In dem 1612/13 vollendeten Gebäude aber eignete sich das feuchte Erdgeschoß keineswegs zur Salzlagerung, weshalb es in der Folgezeit als Wagenremise benutzt wurde.

Die prächtige Fassade des. Zweigiebeligen Getreidespeichers, den am 28. Dezember 1628 die Innerberger Hauptgewerkschaft, der im nördlichen Bereich des steirischen Erzberges ("inner dem Berg") das Eisenwesen unterstand, käuflich erwarb, zeigt über dem Portal das Fresko "Josephs Brüder khomen in Egypten Traidt zu kaufen ", den Doppeladler mit dem Wappen der Eisengewerkschaft und reiche Kratzputzverzierungen (Sgraffitos). Diese aus Oberitalien stammende Technik besteht darin, dass auf den Rauhputz ein schwarzer "Kratzgrund" in Putzmörtelstärke aufgetragen wird. Darauf kommt eine aus weißer Kalkschlämme hergestellte Kratzschicht, die in feuchtem Zustande mit einem zugeschärften Bandeisenstück soweit weggekratzt wird, als dies zur Erzielung der vorgesehenen weißen oder schwarzen Verzierung notwendig ist.

In den Jahren 1883 bis 1887 besaß den Innerbergerstadel die Österreichische Alpine Montangesellschaft und ab 1887 die Österreichische Waffenfabriksgesellschaft, seit 1909 gehört er wieder der Stadt Steyr.

In dem imposanten Bauwerk, das in dem genannten Jahre der Demolierung nahe war, wurden 1912 die heimatgeschichtlichen Sammlungen, um 1920 das "Steyrer Kripperl" untergebracht.

Der ehemalige Getreidespeicher gilt als das bedeutendste Wirtschaftsgebäude der Renaissance in Österreich.

Dr. Josef Ofner

(Stadtarchiv Steyr: Bauakten - I.Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr - Baldass, Feuchtmüller, Mrazek, Renaissance in Österreich u.a. Werke)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 9/1969