Bauten: Pfarrgasse 2

Pfarrgasse Nr. 2

Pfarrgasse Nr. 2Bei diesem Hause ist durch eine sachgemäße Restaurierung die reizvolle Kombination zweier eigenständiger, aus verschiedenen Jahrhunderten stammender Fassaden gelungen. Das Haus Pfarrgasse Nr. 2 fiel dem großen Stadtbrand von 1522 zum Opfer. Die Besitzerreihe des 16. Jahrhunderts lautet: der Weber Leonhard Oberoperger (1543), der Handelsmann Michael Oberoperger (1567), der Kürschnermeister Jakob Guotschlager (ca. 1573 bis 1583) und der Gastgeb Florian Dorffner.

Von den Gläubigern des Florian Dorffner ging das Haus an Abraham Halmer über, der 1626 wegen seines protestantischen Glaubens die Stadt verlassen mußte.

Um 1627 kam Leonhard Laimer, der schon 1620 in Steyr gewesen war, durch Kauf in den Besitz des Hauses. Für 2. Juni 1627 ist seine Besitzerschaft auf alle Fälle gesichert, da er als Nachbar im Verlassenschaftsinventar des am 4. Juli 1626 verstorbenen Kaspar Unzinger (Pfarrgasse Nr. 4) genannt wird. Der nächste Besitzer (um 1645) war der Stadtmaurermeister Jakob Eder. Am 7. Jänner 1645 wurde ihm von der Stadtverwaltung aufgetragen, in seinem Haus "den Rauchfang entweder zu verfertigen oder ganz abkommen zu lassen!". Der Gastgeb Matthäus Prändl bekam 1651 das Bürgerrecht "mit dem Laimerisch Haus, obwohl er schon seit ca. 1648 darauf angeschrieben war. Matthäus Prändl hatte von 1645 - 1665 einen Teil des Nachbarhauses Pfarrgasse Nr. 4 und dann bis gegen 1669 das gesamte dortige Gasthaus "Zum Goldenen Kreuz" besessen.

Auf dem Hause Pfarrgasse Nr. 2 folgte auf Prändl der Maurermeister und Steinmetz Hans Pellendorffer. Die inschriftliche Jahreszahl "1665" nennt das erste Besitzjahr, die Initialen "HPD" den Namen Hans Pellendorffer. Das Giebelfeld zeigt Darstellungen von Werkzeugen seines Berufes. Dieser Besitzer ließ auch die ältere, nunmehr freigelegte und renovierte Fassade des Hauses herstellen. Der Hauskauf des Hans Pellendorffer war am 3. Juli 1665 vom Stadtrat ratifiziert und dem Pellendorffer selbst am 11. Dezember 1665 das Bürgerrecht verliehen worden. Mit Hans Pellendorffer begann die bis in das 19. Jahrhundert reichende Reihe der Besitzer, die den Beruf von Maurern und Baumeistern ausübten.

Hans Prandstetter besaß das Haus bis zum Jahre 1716. Er starb am 28. Februar 1728. Seine Tochter Margarete hatte den Maurerpolier vom Stift Garsten Matthias Gallbrunner geheiratet und das Haus des Vaters in die Ehe mitgebracht. Matthias Gallbrunner bekam am 9. Juli 1717 das Bürgerrecht in Steyr. Margarete - geborene Prandstetter und verwitwete Gallbruuner - ehelichte am 29. April 1721 den aus Feuerbach stammenden Baumeister Johann Gotthard Hayberger (Hausbesitzer bis 1765) . Die Zech- und Fürmeister des Maurer- und Steinmetzhandwerkes hatten gegen die Aufnahme von Hayberger keine Einwände und so konnte dieser am 10. Juni 1721 seinen Bürgereid leisten.

Hayberger war von 1733 - 1747 Mitglied des Äußeren und von 1748 - 1755 Mitglied des Inneren Rates, dann Stadtrichter und von 1759 - 1764 Bürgermeister der Stadt Steyr. Daneben hatte er die Funktionen des Stadtbaumeisters, des Stadthauptmannes, des Brückenverwalters, des Stadtkämmerers usw. inne. Seine beiden Söhne starben in jungen Jahren. 1760 verschied seine erste Gattin. Hayberger ehelichte zwei Jahre später die aus der bedeutenden Steyrer Schiffmeisterfamilie stammende Maria Theresia Seelhammer. Johann Gotthard Hayberger starb am 7. März 1764.

Der Maurerpolier aus Sierning und spätere Baumeister Johann Wolfgang Huber kaufte 1765 des Haybergers Haus und Maurergerechtigkeit und legte den Bürgereid am 31. Jänner 1766 ab. Er starb am 18. Juli 1793 im 67. Lebensjahr. Schon am 15. März 1793 hatte Johann Wolfgang Huber wegen Gebrechlichkeit das Haus seinem Neffen und späteren Erben Karl Huber gegen die Vergünstigung der lebenslänglichen Wohnung (oder 20 Gulden Wohnungsbeitrag) übergeben. dagegen sich das Maurerhandwerk vorbehalten. Karl Huber, aus Essek in Slawonien stammend, leistete am 23. April 1793 den Bürgereid. Sein gleichnamiger Sohn besaß Haus und Gerechtigkeit von 1841 - 1851. Bis zum Jahre 1844 gehörte zum Hause Pfarrgasse Nr. 2 auch ein Kalkofen im Vogelsang.

Durch den Kaufvertrag vom 14. April 1851 kamen die Behausung an den Maurermeister Karl Gutbrunner (Gattin Theresia, geborene Klement) und am 10. Mai 1862 die Besitzhälfte der verstorbenen Mutter auf den Witwer und die minderjährigen Kinder Maria, Franz und Theresia.

Am 3. September 1863 heiratete Karl Gutbrunner ein zweites Mal (Theresia, geborene Lehhofer). Nach einer Versteigerung kam das Haus am 12. Februar 1870 an Anton und Johann Pichler, wobei ersterer seinen Teil am 4. Februar 1871 dem nunmehrigen Gesamtbesitzer Johann Pichler überließ. Erbin war dessen Witwe Viktoria (geborene Hager).

Dr. Volker Lutz

(Steuerbücher 1543, 1567, 1573, 1583, 1586, 1598, 1620, 1635, 1648, 1651, 1694 und 1735. - Ratsprotokolle 1645, 1665, 1717, 1721 und 1765. - Grundbuch 1833. - Bürgerrechtsverleihung, Übergabsverträge, Todfallsabhandlung, Kauf- und Eheverträge. - Inge Krenn, Häuserchronik. - Angela Haindl, Die Ergänzung der Bürgerschaft im 18. Jahrhundert. - Erlefried Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit, VKSt. 28/1967. - Josef Ofner, Kunstchronik der Stadt Steyr. - Architektur, Bildhauerei und Malerei, VKSt. 31/1974, besonders über das Wirken von Johann Gottfried Hayberger als Bürgermeister usw.)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 4/1975