Bauten: Löwen-Apotheke

Die Löwen-Apotheke (Enge Gasse Nr. 1)

Die Löwen-Apotheke (Enge Gasse Nr. 1)Zu den im "Dehio" (Handbuch der Kunstdenkmäler Österreichs) angeführten Wohnbauten in Steyr zählt auch das Haus Enge Gasse Nr. 1.

Da es die untere Häuserzeile dieser Gasse gegen Zwischenbrücken abschließt, sind drei Fassaden sichtbar, die schöne Fensterverdachungen und eine aus dem 18. Jh. stammende Stuckdekoration zeigen. Das mächtige Gebäude besitzt einen Erker und ist mit einem zierlichen Löwen-Steckschild ausgestattet.

Das in den Jahren 1727 und 1824 durch Brand teilweise zerstörte Bauwerk dürfte schon im 14. Jahrhundert im Bereich einer alten, bis zur Enns reichenden Burgmauer erbaut worden sein.

Noch bis ins 19. Jahrhundert begrenzten den Platz zwischen den Brücken auch das Steyrtor und das Ennstor. Ersteres geschmückt mit Wappen und einer lateinischen Inschrift, wurde 1829 abgetragen, letzteres, geziert mit einer volkstümlichen Darstellung der Landesfürsten Friedrich III. und Maximilian I., wurde 1864 demoliert. Auch die uralte Mühle "unterm Schloss", an der Mündung der Steyr in die Enns, musste einem Objekt der Waffenfabriksgesellschaft weichen. Aber auch dieses Gebäude wurde nach dem Zweiten Weltkrieg entfernt. Von den alten Bauten rund um Zwischenbrücken ist nur geblieben ein Torbogen und der 1574 vollendete, 1909 um ein Drittel gekürzte Wasserturm.

Die ersten namentlich bekannten Besitzer Gabriel Vischer und Siegmund Freillinger waren Bäcker. Nach 1591 gehörte das Haus den Familien Spizl und Mezger, die mit Nürnberger Waren handelten. Auch im 17. und 18. Jahrhundert besaßen es fast durchwegs Handelsleute (Wagendorffer, Trenker, Schoiber, Ripl). Im Jahre 1784 kaufte die Liegenschaft von Anna Maria Stadler um 3000 Gulden Johann Baptist Göppl aus Garsten und eröffnete eine Apotheke. In der Folgezeit gehörte sie Aloisia Göppl (1833 - 1842), Karl Göppl (1842 -1870), Emil Göppl (1870 - 1898) und Karoline Göppl (1898 -1915). In den Jahren 1915 bis 1919 besaß die Apotheke "Zum Goldenen Löwen" Oskar Stavianicek, seit 1919 ist sie Eigentum der Familie Schaden.

Historische Bedeutung erlangte das Gebäude in der Zeit der Franzosenkriege. Nach der Niederlage bei Hohenlinden in Bayern am 3. Dezember 1800 mussten sich die österreichischen Truppen unter Erzherzog Johann über Salzburg nach Oberösterreich zurückziehen. Das Nachrücken der französischen Rheinarmee unter dem Obergeneral Jean Moreau konnte auch Erzherzog Karl, dem am 17. Dezember der Oberbefehl übertragen worden war, nicht verhindern. Nach Rückzugsgefechten an der Traun und bei Kremsmünster wurde mit Moreau eine Waffenruhe von 48 Stunden vereinbart, doch verlangte er die kampflose Überlassung des Gebietes bis zur Enns. Dadurch wurde Steyr das Hauptziel der retirierenden österreichischen und der nachziehenden französischen Truppen.. Am 22. Dezember befanden sich in der Eisenstadt 4 Generäle, 5 Brigadechefs, 6 Bataillonchefs, 59 Oberoffiziere, 16 Sergeanten, 9383 Carabiniers, Grenadiere und Füsiliere, 320 Chasseure, 467 Dragoner, 370 Husaren und 1212 Pferde.

Da Kaiser Franz II. den Frieden wünschte, wurde noch in der Weihnachtswoche mit den Franzosen in Steyr ein Waffenstillstand geschlossen. Am Weihnachtsabend legten die Adjutanten des Erzherzogs Generalmajor Graf Granne und Oberst Weyrotter in der Göppl-Apotheke, und zwar in der Wohnung des Stadtphysikus Dr. med. Ignaz Hofmann, mit Ivloreaus Generaladjutanten Victor Fanneau Lahorie die Waffenstillstandsbedingungen fest, die am 25. Dezember von den Bevollmächtigten im Schloß Steyr unterzeichnet wurden.

Dieser Waffenstillstand, der zwar die Besetzung weiter Gebiete Österreichs durch die Franzosen zur Folge hatte, führte schließlich am 9. Februar 1801 zum Friedensschluß von Luneville.

Dr. Josef Ofner

(Dehio, Oberösterreich, 1958. - I. Krenn, Häuserchronik der Altstadt Steyr, Diss.1950. - H. Burger, Die Franzosen in Steyr, 1955. - F. Berndt, Die Steyrburg, 1938, Ders., Die Apotheken, 1960. - H. Gsteu, Geschichte Österreichs, 1956)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 7/1973